MONATSOBJEKT NOVEMBER 2020
DER BEETHOVENTEMPEL IM KURPARK VON BADEN
Am 26. November führte mich ein Spaziergang zum Beethoventempel im Kurpark von Baden.
Er wurde 1927 anläßlich des 100. Todestages von Ludwig van Beethoven (1770-1827)
errichtet (Architekt: Wilhelm Luksch). Die Dekoration der Decke stammt von Hans Lukesch, die Beethoven-Maske vom Badener Bildhauer Hans Vock.
In der Badener Zeitung vom 7. November 1928, Nr. 88, S. 2 und 3 gibt es einen zeitgenössischen Bericht über die "Ausschmückung des Beethoventempels":
"Baden ist um ein Kunstwerk reicher. Freitag den 2. d. M. wurde im Beethoventempel das Gerüst entfernt, hinter dem sich monatelang Geheimnisvolles begeben hatte. Ohne weitere Formalität ist nun das Geheimnis gelüftet und der vollendete Tempel dem Besuche freigegeben worden.
An der bisher leeren Rückwand sieht uns nun eine vom Badener Bildhauer B o c k
[sic! recte: Vock] in
Marmor hergestellte Lebendmaske von Beethoven entgegen um die
sich ein Lorbeerkranz
aus vergoldeter Bronze schlingt.
Und von der ovalen Decke herab grüßt uns eine farbenfrohe und figurenreiche Komposi-
tion des Wiener Malers Hans L u k e s c h , ein Siebenmonatkind der Phantasie des
Künstlers, denn drei Monate dauerte die Herstellung des Kartons und vier die Malarbeit
am Objekt selbst.
Von unten kommend, erscheint die ovale Kuppel – die Säulen sind noch fast ganz verdeckt . . .
In der Nähe des Aufgangs zeigt eine Eibe reichhaltig ihre roten Früchte.
Wir nähern uns dem Tempel, der inmitten dichter Vegetation steht,
wie getragen von Ziergras-Büschen . . .
Jetzt erschließt sich der Stiegenaufgang mit einer Gedenkschrift in der Mitte:
"DEM ANDENKEN LUDWIG VAN BEETHOVENS ZUR HUNDERTSTEN WIEDERKEHR SEINES TODESTAGES 26. MÄRZ 1827
ERRICHTET VON DER KURKOMMISSION IM VEREINE MIT DER STADTGEMEINDE BADEN IM JÄNNER 1827
In der Mitte das stilisierte Reliefwappen der Bäderstadt Baden.
Fast alle Blätter sind schon abgefallen . . .
von innen gibt es einen Blick auf die Stadt.
Maske Beethovens im Innern des Tempels (vom Badener Bildhauer Hans Vock).
Die Badener Zeitung vom 7. November 1928 berichtet auch über die Kuppelmalerei von Hans Lukesch:
"Hans L u k e s c h hatte die Freundlichkeit, uns über die Entstehung seines Werkes und die künstlerischen Absichten, von denen er hiebei geleitet war, die nachstehenden Aufklärungen zu geben.
Das Deckenbild im Beethovenpavillon ist in Keim'scher Mineralmalerei ausgeführt, einer Technik, die seit fünfzig Jahren in Deutschland erprobt und sich in unserem Klima als widerstandsfähiger gegen Witterungseinflüsse als
die reine Freskotechnik erwiesen hat. Überdies hätte an der Betonwölbung Freskoputz aus Weißkalkmörtel nicht gehalten.
Die Keim'sche Mineralmalerei besteht im wesentlichen:
1. Aus dem Auftragen eines eigenen Malgrundes, der nach dem Trocknen mit Fluorphosphorsäure geätzt wird, um ihn porös zu machen.
2. Die Farben werden, wie beim Fresko, nur mit Wasser angerieben, ohne Bindemittel aufgetragen und saugen sich tief in den Malgrund ein.
3. Nach Fertigstellung und Trocknung des Bildes wird dasselbe mit besonders
präpariertem Kali-Wasserglas fixiert, bis vom Grunde nichts mehr
eingesaugt wird. Die dann im Laufe der Zeit sich bildenden Kalzium-
silikate bilden mit den Farben und dem Malgrunde eine glasharte
homogene Schichte, die den Angriffen der Atmosphärilien den stärksten
Widerstand bietet.
Was die Komposition des Bildes betrifft, so sollte sie, wenn sie nicht überhaupt verfehlt ist, zum denkenden Beschauer von selbst sprechen, insoferne als sie in ihm die Empfindung auslösen soll: dieses Bild paßt in einen Beethoventempel, ist im Einklang mit seiner Musik. Was es ihm weiter sagt, wird individuell
sein, angemessen seinem Verständnis, hauptsächlich aber seiner Empfindung
fähigkeit einem Kunstwerk gegenüber.
Mein Gedankengang beim Entwurf der Skizze war folgender:
Prometheus, der den Göttern das Feuer geraubt und den Menschen damit
den Anfang aller Kultur gebracht hat, wird an den Felsen geschmiedet
als Strafe der Götter für das Genie, das zum Leiden verurteilt ist.
Dämone, widrige Schicksalsmächte, die sich ihm in den Weg stellen
(Beethovens Taubheit, traurige Familienverhältnisse und die Kleinlichkeit der Mitwelt) ringt er durch seine Kunst zu Boden, und er, der nie im Leben Freude gefunden, komponiert in der Neunten Symphonie das herrliche "Lied an die Freude". (Mädchenreigen mit Blumengewinden.)
Gewitterwolken verdrängt der Frühlingssturm, im lachenden Himmelsblau
der blühende Baum des Lebens als Trost für Tod und Nacht.
Über allem erhebt sich siegreich mit dem ewigen Lichte der Erkenntnis der Genius der Menschheit in die Lüfte und wird von einer Nike bekränzt.
Hans L u k e s c h"
Hans Lukesch: "Über allem erhebt sich siegreich mit dem ewigen Lichte der Erkenntnis der Genius der Menschheit in die Lüfte und wird von einer Nike bekränzt."
Hans Lukesch: "Gewitterwolken verdrängt der Frühlingssturm, im lachenden Himmelsblau
der blühende Baum des Lebens als Trost für Tod und Nacht."
Hans Lukesch: "er, der nie im Leben Freude gefunden, komponiert in der Neunten Symphonie das herrliche "Lied an die Freude". (Mädchenreigen mit Blumengewinden.)"
Hans Lukesch: "Prometheus, der den Göttern das Feuer geraubt und den Menschen damit den Anfang aller Kultur gebracht hat, wird an den Felsen geschmiedet"
Geht man aufwärts, so sieht man die ovale Kuppel des Beethoventempels und in der Ferne einen Kirchturm,
der hier auf der Kuppel zu schweben scheint . . .
Zu einer Übersicht der Monatsobjekte kommen Sie HIER!
Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien
Danke für Ihr Interesse an meiner Website! Wenn Sie meine aktuellen Nachrichten erhalten wollen, schreiben Sie bitte unter: