Monatsobjekt Jänner 2015
ROSA NEUWIRTH
(Prag 25. 10. 1883 - 24. 10. 1929 Wien)
Von Rosa Neuwirth sind nur wenige biographische Daten bekannt.
Im Jahre 1974 veröffentlichte ich in meinem Buch "Wiener Keramik, Historismus, Jugendstil, Art Déco" (Wien 1974, S. 232, 233) die mir damals zugänglichen Daten (siehe Abbildung oben und unten).
Dieses Buch trägt die Widmung MEINER MUTTER, und so wurde manchmal angenommen, ich sei mit Rosa Neuwirth verwandt - was jedoch nicht zutrifft. Neuwirth ist ja ein häufiger Name.
Meine Mutter Maria Neuwirth war Jahrgang 1912; sie verstarb im Jahre 2000).
Beim Durchsehen alter Unterlagen (der Jahreswechsel ist da für mich immer die geeignete Zeit) fiel mir ein Brief in die Hände, den ich vor längerer Zeit von Prof. Dr. Kurt Neuwirth, dem Bruder von Rosa Neuwirth, erhalten hatte. Da dieses wertvolle Schriftstück viele Angaben zu Leben und Werk der Künstlerin enthält,
sei er im folgenden wiedergegeben. Herrn Prof. Dr. Neuwirth war sehr daran gelegen, zur Würdigung des Schaffens seiner Schwester beizutragen. Mit der Veröffentlichung seines Briefes will ich seinem Wunsch hiemit entsprechen.
Zitate daraus nur mit genauer Quellenangabe:
Brief von Prof. Dr. Kurt Neuwirth, Linz, an Dr. Waltraud Neuwirth (Transkription),
Website http://waltraudneuwirth.at/2015-Neuwirth/15Monat-html/Mon1501.html
Prof. Dr. Kurt Neuwirth, Linz: Biographie von Rosa Neuwirth
R. N. wurde am 25. Oktober 1883 als Tochter des damaligen Gymnasialprofessors Dr. Joseph N. und seiner Gattin Adelheid, Tochter des Zoologieprofessors Dr. Friedrich Ritter von Stein der Prager Universität, in Prag geboren. Da sich bald bei ihr eine hervorragende Begabung und große Vorliebe fürs Zeichnen zeigte, trat sie 1898 in die Prager Kunstgewerbeschule ein. Ein Jahr später vertauschte sie diese mit der Wiener Kunstgewerbeschule, da die Familie infolge der Berufung des Vaters auf die Lehrkanzel für Kunst- und Architekturgeschichte an der Technischen Hochschule in Wien dorthin übersiedeln mußte.
An ihrer neuen Schule arbeitete sie vor allem unter Koloman Moser und machte dank dem ihr eigenen Fleiß bald große Fortschritte, so daß schon damals viele ihrer Entwürfe für verschiedene Textilarbeiten angekauft wurden. Im Jahre 1903 erhielt sie den Rothschildpreis in der Höhe von 1000 Kronen, an den als Bedingung eine mehrwöchige Studienreise samt Bericht darüber geknüpft war.
Sie reiste über München und Zürich nach Paris und London und kehrte über Belgien und Holland wieder heim.
Auf den Rat von Professor K. Moser versuchte sie es dann mit der Bildhauerei als Schülerin von Franz Metzner und kam auf diesem Wege zur Keramik, die ihr Spezialgebiet werden sollte. Sie machte dazu chemische Studien, skizzierte und modellierte Tiere des Schönbrunner Tiergartens und gewann bald einen allgemein anerkannten Ruf für Tierplastiken, ihr unbestrittenes Gebiet.
1910 ging sie noch für ein halbes Jahr nach Paris und arbeitete dort unter dem bekannten Bildhauer Aristide Maillol, der sich sehr lobend über ihre Arbeiten auch auf figuralem Gebiet äußerte und er nur bedauerte, daß sie ihren Aufenthalt nicht noch länger ausdehnte, da nach seiner Meinung nur Paris der Boden für eine abgeschlossene künstlerische Ausbildung sein konnte.
Nach Wien zurückgekehrt, erhielt sie eine bedeutende Subvention des Wirtschaftsförderungsinstituts, die dazu diente, mit drei ihrer Kolleginnen von der Kunstgewerbeschule (I. Schwetz-Lehmann, H. Johnová und J. Sitte) eine "Keramische Werkgenossenschaft" in der Mollardgasse zu gründen. Sie machten eine eigene Werkstatt auf, der auch ein eigener Brennofen angeschlossen war. Sie hatte ausschließlich die Leitung des Unternehmens, lernte noch Buchhaltung, um die Geschäftsbücher zu führen, und war mit unermüdlichem Eifer für das Unternehmen tätig. Auch der erste Weltkrieg und der Zusammenbruch ließ ihren Fleiß nicht erlahmen: sie arbeitete unverdrossen weiter, wenn sie auch alles bis auf das Brennen, für das sie eine Hilfskraft hatte, allein machen mußte.
Ihre Keramiken gingen auch weiterhin sehr gut, wurden besonders in England, wohin sie bis zuletzt an den Kunsthändler B. Stone in Newcastle regelmäßig lieferte, sehr gesucht, fanden aber auch nach anderen Ländern, selbst nach Amerika, zufriedenstellenden Absatz. Reproduktionen ihrer Arbeiten brachten Wiener und deutsche Kunstblätter sowie das englische "Studio". Das Urteil von Fachkreisen und Kunstfreunden rühmte ihrem Schaffen hohe künstlerische Feinheit und eigenartige Auffassung des Tierlebens nach, die Kopenhagener Behandlungsweise nahekomme.
Vielfach beteiligte sie sich an Ausstellungen, wo sie stets lobend genannt und sogar mit Medaillen ausgezeichnet wurde wie z. B. bei der Weltausstellung 1904 in St. Louis. Schließlich war sie in den letzten Jahren ihres Lebens auch noch als Lehrerin für Kunstgewerbliches Zeichnen an einer Wiener Fortbildungsschule tätig. Dank eifriger sportlicher Betätigung (Radfahren, Schwimmen, Bergsteigen und Skilaufen) blieb sie eigentlich zeitlebens von ernstlicher Krankheit verschont, bis sich bei ihr im September 1929 die ersten Anzeichen eines Unterleibskrebses zeigten, der zur Zeit seiner Diagnose leider schon so weit vorgeschritten war, daß eine Operation nicht mehr helfen konnte. Diesem Leiden erlag sie am 24. Oktober 1929, einem Tag vor der Vollendung ihres 46. Lebensjahres.
Prof. Dr. Kurt Neuwirth führt folgende Arbeiten von Rosa Neuwirth an:
Tiere: Adler, Fasan, Uhu, Wolfshund, Berner Sennenhund, Panther, Katze, Fuchs, Eichhörnchen, Affe, Nymphensittich, Zeisig, Löwe, Tiger, Braunbär, Affengruppe, Rotschwänzchengruppe, Eisvogel, Wellensittich, Feldhase, Küken, Frosch, Salamander, Pelikan, Stieglitz, Gimpel, Osterei mit Hasen, Kakadu, Schildkröte.
Andere Arbeiten:
Holzschnitzereien: Katze, Frosch, Salamander
Bilder: Landschaften (vor allem aus den Bergen) in Öl, Aquarell und kolorierter Federzeichnung.
Plastiken: Kaiser Franz Joseph mit Thonfolgersohn Otto v. Habsburg, Büste ihres Vaters, Schreitende Frau, Froschkönig.
Zitate nur mit genauer Quellenangabe:
Brief von Prof. Dr. Kurt Neuwirth, Linz, an Dr. Waltraud Neuwirth (Transkription),
Website http://waltraudneuwirth.at/2015-Neuwirth/15Monat-html/Mon1501.html
Aus Privatbesitz stammen die folgenden Fotos der Keramiken von Rosa Neuwirth, die mir dankenswerterweise für diese Webseite zur Verfügung gestellt wurden. Für diese Objekt- und Signaturfotos bin ich der Besitzerin sehr dankbar, und die Webseite-Besucher werden sich diesem Dank sicher anschließen!
Küken, signiert NEUWIRTH sowie die Nummern 342 und 352
Häschen, versehen mit dem Stempel-Schild der Keramischen Werkgenossenschaft:
KW WIEN 344 73
Dieses Häschen (Privatbesitz TS) trägt die Signatur NEUWIRTH
und zwei Zahlen: 324 und 376
Äffchen, signiert NEUWIRTH und geritzte Zahl 320
Vase, signiert ROSA NEUWIRTH und Zahlen 345 19
Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien sowie Privatsammlung Wien
Diese Webseite wurde häufig besucht und so ergaben sich Kontakte mit weiteren Besitzern von Keramiken der Künstlerin. Sie werden nachfolgend vorgestellt:
Äffchen auf Schale, Fotos: Copyright JKT
Kennzeichnung: KW WIEN (Keramische Werkgenossenschaft, Wien), Modellnummer 320 7 3
Foto Copyright JKT
Drei Affen, Foto Copyright C. F.
Kennzeichnung der Gruppe Drei Affen (s. oben): ROSA NEUWIRTH, 338 (330?), 224
Foto Copyright C. F.
Geier, Fotos: Copyright C. F.
Signatur NEUWIRTH.
Meise, Kennzeichnung: KW WIEN (Keramische Werkgenossenschaft, Wien), 209 22 2
Fotos: Copyright C. F.
Heuschrecke, unsigniert
Fotos: Copyright C. F.
Bregenzerwälderhaus, Fotos Copyright C. F.
Kennzeichnung: KW WIEN, 357 5 NEUWIRTH, Klebeetikett: 6
Gemälde: Großes Schreckhorn, signiert NEUWIRTH
Klebeetikett (links), wohl von einer Ausstellung: 1927 / 1439
Rückseitige Beschriftung (rechts): Rosa Neuwirth / Großes Schreckhorn / Schweiz
Fotos: Copyright C. F.
Ein Küken war schon ganz oben zu sehen (ohne Sockel), hier noch eines (mit Sockel):
Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien
Kennzeichnung: ROSA / NEUWIRTH / 334 / ?81
Ein aufmerksamer Sammler hat zwei Fotos eines weiteren Kükens zur Verfügung gestellt, dieses trägt ebenfalls die Signatur NEUWIRTH und die Zahlen 335 143.
Fotos: Copyright G. U.
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