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WIEN-TAGEBUCH: 21. November 2014

STRUDLHOFSTIEGE IM HERBST

Die Strudlhofstiege in Wien, berühmt geworden durch den gleichnamigen Roman von Heimito von Doderer, war für mich immer ein magischer Ort, auch wenn ich vergeblich "die bemooste Vase in der Mitte" suchte, die Doderer in seinem Gedicht erwähnt.

An einem düsteren, nur von wenigen Sonnen-Minuten erhellten Novembernachmittag beschloß ich, meine Wienerwald-Wanderungen mehr und mehr durch Wien-Entdeckungs-Spaziergänge zu ersetzen, und nach langer Zeit zog es mich wieder zur Strudlhofstiege.

Nur wenige Menschen betreten die niedrigen Stufen, fast scheinen sie die Rampen hinauf- oder hinabzugleiten, geräuschlos, mich manchmal mit einem Lächeln bedenkend. Schaue ich hinunter, sehe ich ein junges Paar: die blonde Schönheit läßt sich vor der berühmten Stiege im Bild verewigen.
Wilder Wein umflicht Geländer und Metallgitter. Wenn der Winter seinen Schneezauber über die Steine legt, werde ich wiederkommen. Jetzt aber will ich Sie in ihren Herbstzauber entführen.

Wien-Strudlhofstiege

"Die Strudlhofstiege im 9. Bezirk verbindet die Strudlhofgasse und die Liechtensteinstrasse. Sie wurde nach einem Entwurf von Johann Theodor Jaeger aus Mannersdorfer Kalkstein erbaut. Am 29. November 1910 wurde sie zur Benützung freigegeben. Sie gilt als ein bedeutendes Bauwerk des Wiener Jugendstils.
Die Anlage wird von einem zweigeteilten Beckenwandbrunnen geschmückt. Das untere Becken wird durch eine Kopfmaske mit Wasser gespeist. Am unteren Ansatz führen zwei geschwungene Stiegenläufe zum oberen Portal und dessen Becken. Dieses wird von einer Kopfmaske als Wasserspeier an der Stiegenwand geschmückt. In Anlehnung an die ursprüngliche Gestaltung wurde nach einer Mosaikverkleidung im Zuge der Instandsetzung 2008 bis 2009 das Relief aus Donaukies in Handarbeit nachgebildet. Mittels dreier Rampen und 58 Stufen wird der Höhenunterschied von rund 11 Metern überwunden.
Die Beleuchtung der Stiegenanlage besteht aus sieben Masten, auf denen sich insgesamt 16 Lichtpunkte befinden. Die alten Kugelleuchten wurden durch stilvolle Hängeleuchten ersetzt. Dadurch wurde die Beleuchtung verbessert und zugleich die Energiebilanz gesenkt.
1984 und erneut 2008 bis 2009 wurde die Strudlhofstiege renoviert."

Quelle: https://www.wien.gv.at/verkehr/brueckenbau/historischeanlagen/strudlhofstiege.html

Wien-Strudlhofstiege

Der Webseite www.architektenlexikon.at habe ich folgende Angaben zu
Theodor Jaeger (Nagy Surany/Ungarn 1874 - 1943 Wien), dem Architekten der Strudlhofstiege, entnommen:

Theodor Jaeger, von dem außer einigen Industrieanlagen keinerlei Hochbauten dokumentiert sind, ist vor allem als Schöpfer der „Strudelhofstiege“ [sic!] in die Architekturgeschichte eingegangen. Mit der Konzeption der Anlage, die den Niveauunterschied zwischen der Liechtensteinstraße und der Strudelhofgasse ausgleicht, war Jaeger im Rahmen seiner Tätigkeit in der Stadtregulierungsabteilung befasst.

Mit der „Strudlhofstiege“, die 1910 eröffnet wurde und im Kontext von umfassenderen städtebaulichen Maßnahmen zu sehen ist, schuf Jaeger einen der markantesten Punkte im Alsergrund. Die Anlage, die sich an barocken Vorbildern orientiert, ist als zweiarmige Treppe mit zahlreichen Richtungswechseln konzipiert, wobei sowohl Stufen als auch Rampen zum Einsatz kommen. Die Stiegenanlage, die in Mannersdorfer Kalkstein ausgeführt wurde und rund 100.000 Kronen kostete, wurde von Jaeger über ihre eigentliche Funktion hinaus als malerisches städtebauliches Ensemble konzipiert, wobei diverse Kandelaber, Vasenpylonen und Wandbrunnen die elaborierte gärtnerischen Ausgestaltung abrunden. Die erhaltenen Entwurfsskizzen im Bezirksmuseum Alsergrund zeigen, dass Jaeger jedoch erst allmählich zu dieser Lösung gekommen ist. Das Bauwerk, das nach dem Strudlhof, dem Haus der Bildhauer Peter und Paul Strudel benannt ist, das sich an dieser Stelle befand, wurde in dem gleichnamigen Roman von Heimito von Doderer verewigt. Doderer, dessen Wohnung sich in der Nähe befand, bezeichnete die Anlage emphatisch als „terrassenförmige Bühne dramatischen Lebens“.

Wien-Strudlhofstiege       Wien-Strudlhofstiege

Das 1951 erschienene Buch "Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre" von Heimito von Doderer enthält – zum Gedenken an den Schöpfer des Bauwerks – die Zeilen

IN MEMORIAM
JOHANNIS TH. JÆGER
SENATORIS VIENNENSIS
QUI SCALAM CONSTRUXIT
CUIUS NOMEN LIBELLO
INSCRIBITUR

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

"Er bog in die Fürstengasse, schritt an dem schweren geschlossenen Barock-Portal vorbei, und es währte nicht lang, so stand er am unteren Ende der Stiegen."

Zitat aus: Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre, München 1951 (Auflage 1976, S. 355)

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege     Wien, Strudlhofstiege

"Langsam stieg Melzer hinauf, durch die Schichten gleichsam emportauchend, als stiege er vom Grunde, nicht also wie hinabtauchend in die Tiefe der Zeit."

Zitat aus: Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre, München 1951 (Auflage 1976, S. 355)

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege    Wien, Strudlhofstiege

"Und hörte des Brunnens Geträtsch oben auf dem Absatz, zu welchem die Treppen hinauf pirouettierten."

Zitat aus: Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre, München 1951 (Auflage 1976, S. 355)

Wien-Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

"Die Rampen lagen hell. Mond oder Neumond, es machte hier nicht viel aus, das Gestirn mochte, wenn es aufstieg, mehr zusehen dem, was hier etwa vorging, als dazu leuchten: denn oben und unten taten's die hohen Kandelaber auf ihren schlanken, gegitterten Masten, und an der Wendung der Rampen stand auch je einer, von Blattpflanzen umschlugen, die er grün durchhellte."

Zitat aus: Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre, München 1951 (Auflage 1976, S. 355)

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege    Wien, Strudlhofstiege

Richard Groner beschreibt in seinem Buch "Wien wie es war" (Wien-Leipzig 1922, S. 484, 485) den Strudelhof: er "wurde 1690 auf dem Rücken der Schottenpoint [. . . ] von Peter v. Strudel, kaiserlichen Hof= und Kammermaler erbaut [. . . ] 1701 wurde Strudel in den Reichsfreiherrenstand erhoben und zum Direktor der Kunstakademie ernannt; er starb 1714. Ein Jahr zuvor schon wurde der Strudelhof zu einem Pestspital verwendet und in den Kontumaz=Rayon einbezogen. 1718 kam er an Bormartini, 1734 an den Grafen J. Leopold v. Kuefstein und wurde nach dessen Tode von der Direktion des Spanischen Spitales [. . . ] 1759 im Feilbietungswege erworben. 1784 fand hier die neu errichtete Findel= und Ammenanstalt, die hier vier Jahre verblieb, ihr Unterkommen. 1795 erfolgte eine Teilung des Besitzes. Die Gartenanlagen wurden dem k. k. Waisenhause [. . . ] einverleibt. Ein Teil des Strudelhofes fand als Zinshaus Verwendung, andere Teile samt der im Jahre 1691 zu Ehren der Apostel Peter und Paul geweihten Hauskapelle mußten bald neuen Baulichkeiten weichen. Eine Sackgasse, 1802 durch Anpflanzung einer Kastanienallee verschönert, hält den Namen Strudelhof in Erinnerung. Die hier im Besitze des Herzogs Philipp von Württemberg befindlich gewesenen Häuser des ehemaligen Strudelhofes wurden gegen Ende des vorigen Jahrhunderts demoliert, und es entstand aus ihnen das Palais des Herzogs. Auf einem Teil der weitläufigen ehemaligen Gartenanlage wurde die Konsular=Akademie [. . . ] erbaut, die hier 1904 einzog."

Die Strudlhofstiege wird von Groner nicht erwähnt.

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

"Er blieb erst auf der oberen Rampe stehen, weil sich unten ein Paar küßte, an dem Melzer rasch vorbeigeglitten war. Sonst blieb's leer."

Zitat aus: Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre, München 1951 (Auflage 1976, S. 355)

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege    Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

"Ihn hatte ein letzter, verschütteter Rest dessen hingetrieben, was einst fromme, heidnische Wallfahrer nach Delphi führte. So ihn zu dem genius loci hier. Der schwieg: für diesmal. Das Köpfchen geneigt, schlief die Dryas der Strudlhofstiege tief im Holz eines Stammes oder auch sonst wo."

Zitat aus: Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre, München 1951 (Auflage 1976, S. 355)

Wien, Strudlhofstiege    Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege

Wien, Strudlhofstiege    Wien, Strudlhofstiege

xWien-Strudlhofstiege

zur Strudlhofstiege im Winter geht es hier

Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien

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